Peso39
|
Reeperbahn - 12/01/2013 20:36
Es war das Jahr 1980 und das zweite Lehrjahr als zukünftige Vollmatrosen/Deck bzw. Maschine begann auf dem MS "Quedlinburg". 8 Lehrlinge freuten sich auf ihre erste große Seereise, nachdem wir das erste Lehrjahr vorwiegend an Land verbracht hatten. Nun sollte es über Westeuropa (Hamburg, Rotterdam und Antwerpen) nach Südamerika (Brasilien, Argentinien und Uruquay) gehen. Ein unvergessliches Erlebnis der besonderen Art, erfuhr ich mit einigen anderen zusammen in Hamburg. Den ersten Landgang durften wir als Lehrlinge natürlich noch nicht alleine machen. Unser Lehrbootsmann "Charlie" musste uns begleiten. Das klappte ganz gut und danach war es kein Problem mehr, ohne Aufpasser an Land zu gehen. So kam es das wir an einem Sonntag einen Landgang in Hamburg planten. Eigentlich gab es für einen DSR-Seemann nur zwei wichtige Anlaufstellen in Hamburg. Mönckebergstraße und die Reeperbahn. Da unsere vorhandenen Geldmittel sehr bescheiden waren und es außerdem auch Sonntag war, fiel die Einkaufsstraße definitiv aus. Also ab auf die Reeperbahn. Wo wir mit unserem Schiff lagen, weiß ich nicht mehr genau, aber wir konnten unser Ziel zu Fuß erreichen. Voller Neugier und Erwartungen kamen wir vormittags gegen 10.00 Uhr auf der sündigen Meile an. Der erste Gang führte uns gleich durch die Herbertstraße. Aber was für eine Enttäuschung. Die meisten Schaufenster waren leer. Am Ende der Straße schaute allerdings eine ziemlich aufgedonnerte Dame unbestimmten Alters aus einem geöffneten Fenster. Als wir bei ihr vorbei gingen, sprach sie uns an: "Na Jungs, wie wär´s mit uns". Etwas verdattert sagte einer von uns: "Aber doch nicht am frühen Morgen". Da wurde sie zur Furie und schrie uns an: "Was meint ihr warum ich hier sitze". Den Hinweis, dass wir sowieso kein Geld haben, schenkten wir uns dann doch lieber. Auch wenn wir beim nächsten Fenster ein Plakat sahen, auf dem eine eindeutige Zeichnung zu sehen war und der Text dazu hieß: Hast du so einen wie diesen, darfst du umsonst genießen! Hatte aber keiner von uns. Also zogen wir erstmal ab und beschlossen lieber am Abend nochmal her zu kommen. Gesagt, getan. Abends standen wir wieder auf der Reeperbahn und staunten was für ein reges Treiben herrschte. Neugierig und ohne Scheu schauten wir in verschiedene Etablissements rein, ohne angesprochen zu werden. Dann kamen wir zum Eros-Center. Soweit ich mich erinnern kann, ging es leicht bergab, wie in eine Tiefgarage, rein. Dort standen die gewissen Damen und warteten auf Kundschaft. Es dauerte nicht lange, bis wir von einer jungen hübschen leichtbekleideten Frau angesprochen wurden. Sie wollte allerdings erstmal wissen, wo wir herkommen. Als wir unser ostdeutsche Herkunft preisgaben, war sie doch sehr erstaunt. Wir unterhielten uns und erfuhren allerhand von ihr und diesem sündigen Gewerbe. Natürlich witterte sie auch ihr Geschäft. Doch Geld hatten wir dafür keins. So leicht gab sie aber nicht auf. Was sie uns dann erzählte, war so kurios, dass ich es nicht vergessen konnte. Folgendes sagte sie zur uns: "Also Jungs, wenn ihr kein Geld habt, habe ich einen Tipp für euch. Ihr fahrt zum Hamburger Hauptbahnhof und begebt euch dort zum alten Ausgang. Dort stehen oft reiche Frauen rum. Zugegeben, die sind meistens schon älter, aber die zahlen euch für eine "Dienstleistung" 100 D-Mark. Da verdient ihr euch schnell Geld und dann kommt ihr wieder her zu mir". Clever!!!! Wir haben es nicht getan, aber ich glaube so mancher von uns träumte noch von dieser irren Idee. Peter D.
|