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Wolfgang W.

 
Super-Dioden - 15/04/2008 17:24  Die „Super-Dioden“ am Generator III:

Bis zu meiner Abreise aus Göteborg blieben noch einige Tage Zeit und ich hatte dadurch Gelegenheit, das Problem mit unserem Diesel-Generator III, unter Mitwirkung der Werft, zu lösen. Während der letzten Reise hatten wir mehrmals Unregelmäßigkeiten an diesem Stromerzeuger bemerkt und es war mir auch gelungen, einige versteckte Fehler zu beheben. Zuerst hatten wir abweichende Werte in der Strombelastung der einzelnen Phasen. Hier war mir schon aufgefallen, dass einige Steuerleitungen anders geklemmt waren, als an den übrigen Generatoren. Nach der Korrektur dieser zwielichtigen Schaltung, zeigten die Amperemeter wieder gleiche Werte an und alles schien in Ordnung. Nach einiger Zeit hatten wir Schwierigkeiten mit der Erregung und es gelang nicht immer, die Maschine ans Netz zu synchronisieren. Kurz vor Rotterdam gelang es uns schließlich überhaupt nicht mehr, den Generator zu erregen. Ich war der Verzweiflung nahe, denn all meine Erfahrungen nützten nichts, der Gen.III spielte einfach nicht mehr mit. Unser derzeitiger Chief, Herr Fischer, gab mir letztendlich die Anweisung, mit der Fehlersuche aufzuhören und die Reparatur des Generators in die Werftreparaturliste für Göteborg aufzunehmen. So recht zufrieden war ich mit dieser Lösung zwar nicht, aber bis Göteborg kamen wir sicherlich bedenkenlos, mit den restlichen drei Stromerzeugern, die zuverlässig liefen. Es wurde ein Schadensprotokoll erstellt und der „Gen. III“ wurde ein weiterer Werftreparaturpunkt. Wir erreichten Göteborg ohne Probleme in der E-Anlage und die Elektroabteilung der Werft hatte, gleich nach der Ankunft, einen prüfenden Blick in den Generator und das dazugehörige Schaltfeld in der Hauptschalttafel, getan. Ich war erst einmal beruhigt und nunmehr sehr neugierig darauf, wie man den Fehler einkreisen und schließlich beheben wird. Es sollte noch ein denkwürdiger Akt werden, denn auch in einer Werft kann es kompliziert werden, wenn nicht die rechten Fachkräfte gleich zur Stelle sind. Der Werftreparaturpunkt „Generator III“ wurde zum Problem für die Werft und für mich eine gewisse Rechtfertigung. Am ersten Reparaturtag erschienen drei Monteure der Firma ASEA und prüften augenscheinlich die gesamte Anlage und die technischen Unterlagen. Nach etwa zwei Stunden entfernten sich die Herren wieder und ich hatte umsonst meine Augen offen gehalten. Der nächste Morgen kam heran und wieder kamen zwei Herren in weißen Arbeitskombinationen und großen Stabtaschenlampen. Sie baten mich um die technischen Unterlagen und gemeinsam gingen wir hinunter in den Maschinenraum. Auch diese beiden Werftingenieure blickten interessiert in das Schaltfeld des besagten Generators und anschließend in die Maschine selbst. Keiner nahm einen Handgriff vor, für Messungen hatten sie sowieso keinerlei Geräte mit. Zum Kopieren erbaten sie meine Unterlagen vom Generator und verschwanden unverrichteter Dinge wieder in Richtung Werftbüro. Zur abendlichen Ing.-Besprechung beim Chief, berichtete ich über den Fortgang und über den Stand der Dinge. Am 25 April erschienen wieder drei Herren von ASEA und wir begannen eine sogenannte Erprobung. Nach zwei Stunden wurden die Versuche abgebrochen und ein Herr Nilson versicherte mir, dass er bei der Firma NEBB in Norwegen angerufen habe und dass heute abend, oder morgen, ein Spezialist dieser Firma kommen würde.
Es war 14:30 Uhr, als ein Matrose mit einem Herrn in meiner Kammer erschien, der dem amerikanischen Fernseh- Kriminalkommissar Columbo ziemlich ähnelte. Sein Trenchcoat war genauso zerknittert, die Krawatte war schlecht gebunden und saß schief. Es fehlte lediglich die Zigarre. Der Mann stellte sich vor als Jens-Arne Sylte, Service-Ingenieur der Firma NEBB, aus Baerum in Norwegen. Bei einer Flasche Bier schilderte ich Herrn Sylte die zeitaufwendigen, leider, erfolglosen Handlungen, der bisherigen Experten. Aufmerksam hörte mir Herr Sylte zu, schüttelte ab und zu mit dem Kopf und fragte mich schließlich nur nach der Baunummer und dem ersten Namen unseres Tankers. Ich nannte ihm die gewünschten Daten und es blieb mir nicht verborgen, wie ein schwaches Lächeln über sein Gesicht huschte. Auf der oberen Plattform am Eingang zum Maschinenraum zeigte Herr Sylte nach unten und wusste genau, wo unser MKR, die Generatoren und die Turbine standen. Jetzt war ich aber am Staunen, bis mir der gute Mann offenbarte, dass er diese Anlagen vor Jahren mit entworfen und auch mit eingebaut hatte. Zielgerichtet ging er hinter die Hauptschalttafel, öffnete das Generatorfeld und bat mich um einen kleinen Schraubendreher und eine Elektriker- Spitzzange. Mit geübten Handgriffen löste er ein paar Kabelverbindungen und entfernte zwei Dioden aus dem Schaltfeld. Die Typenbezeichnung dieser Dioden weiß ich heute nicht mehr, aber wir fanden im Ersatzteilschrank meiner E-Werkstatt noch ein paar dieser Exemplare. Nach kurzer Zeit waren die beiden Ersatzdioden eingesetzt und Herr Sylte forderte mich auf, den Generator zu starten. Erwartungsvoll schauten wir auf die Anzeigeinstrumente an der Schalttafel und siehe da, der Generator III war wieder erregt. Es folgten ein paar Schaltversuche und der Parallellauf mit den anderen Generatoren, das Ergebnis: ohne Beanstandung, alles wieder okay! Ein Blick auf die Uhr bescheinigte uns, dass wir nicht einmal zwei Stunden benötigt hatten, um die Störung zu beseitigen. Ausnahmsweise servierte unser Steward meinem Gast ein prima Abendessen in meiner Kammer und bei dem anschließenden Whiskey, den wir auf die gelungene Reparatur zu uns nahmen, schrieb mir Herr Sylte einen neueren Dioden-Typ auf, den wir uns als Reserve unbedingt einlagern sollten. Ich bekam noch seine Adresse und den freundlichen Rat, mich bei ihm zu melden, wenn ich wieder einmal Sorgen hätte mit der Schalttafel und den Generatoren. Leider wäre er nur selten zu Hause, denn er müsse im weltweiten Einsatz derartige Serviceleistungen für seine Firma ausführen. Er hätte bei uns an Bord übernachten können aber leider hatte er schon den nächsten Auftrag in der Tasche. Ich habe es damals sehr bedauert, dass dieser Fachmann mein Angebot nicht annehmen konnte, denn ich hätte noch Tausend fachliche Fragen an ihn gehabt. Es wurde ein herzlicher Abschied an der Gangway und es war auch der letzte. Wir haben uns nie wieder gesehen und ich musste seine angebotene Hilfe, zum Glück auch nicht in Anspruch nehmen.
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Andrej Kluge

 
Re:Super-Dioden - 11/11/2010 16:42 Sehr schöne Geschichte, danke!

Ciao
AK
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  Traumkreuzfahrten...

 

 

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