Ingo Rossignol
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Re:Weihnachtsgeschichte - 30/11/2012 09:36
1971-73, Funker in der Volksmarine, 6. Flottille, Warnemünde, MSR 342, unter Kapitänleutnant Pötsch ( Ein fairer Kommandant, von altem Schrot uns Korn) Was sich ja heute keiner mehr vorstellen oder wünschen kann: Drei Weihnachten und Sylvester an Bord eines MSR! Mit ein bisschen Glück mal einen Landgang, aber Urlaub keinen. Das galt übrigens genauso hart, für die Bordoffiziere… der BBU (Böse Bonner Ultra) hätte ja versuchen können, uns seine Weihnachtsschokolade an Bord zu werfen! Also galt es mit den Bordmitteln, eine ordentliche Weihnachtsfeier zu organisieren. An gutem Essen mangelte es uns nicht bei der Marine. Außerdem hatten wir von der Patenstadt Jüterbog zum Fest immer ein Schwein in Gläsern verwurstet zur Verfügung. Sehr lecker! Als Funker übernahm ich die Rolle des „Geheimnisträgers“ und sammelte all die schönen Sachen, die eine kleine Hand voll Matrosen und Maate, in den zurückliegen Monaten so organisiert hatten. Dabei handelte es sich weniger um Geschenke – die auch - sondern um Mitteilungen an die Mannschaft. Wir schrieben die Frauen, Freundinnen und Familie an, sie mögen uns doch bitte etwas auf Band sprechen, singen oder zusammenschneiden, was eine ganz persönliche Ansage an die Herzen der Mannschaft sein könnte und natürlich ihren Liebsten anspricht. Mein Funkschap wurde zur Weihnachtsmannstube! In nächtelanger Arbeit setzten wir dann das Bänder-Puzzle auf unserem B-54 Tonband zusammen und bekamen so immer eine ordentliche Weihnachtssendung. Über den Bordfunk wurde das dann am Heiligabend in gemütlicher Runde in der Messe abgespielt. Ich moderierte, sprach den zu beschenkenden und anschließend „Betroffenen“ an und dann gab es, nach den Geschenken, was auf die Ohren und vor allem was für die Seele! Leute, Leute, sag ich euch nur und ihr werdet wissen wovon ich schreibe! Das waren Volltreffer, wenn die Freundin ihre Ansage machte, oder die liebe Oma… Wir haben „Bären“ heulen und zusammenbrechen gesehen… Es war ein Fest der Tränen und der unglaublichen Freude, dass sich „welche“ gekümmert hatten. Es waren Sprüche dabei, die sehr persönlich gehalten waren und so, nun in der Öffentlichkeit, für ausdauernde Heiterkeit sorgten. Nie gehörte Spitznamen zerstörten Karrieren! Na ja, nicht ganz, aber sie ließen den Menschen in einem anderen Licht erscheinen. Der Dienst an Bord war ja nicht überall durch Menschlichkeit gekennzeichnet. – Der hatte ja auch eine Familie und Freunde und war nicht nur „Der Arsch“, der einen triezte. Das erste Jahr bekam ich auch ein Paket, ein großes und schweres! Meine Eltern hatten an mich gedacht und an die anderen der Mannschaft auch! In dem Paket steckten reichlich Überraschungen, die mir meine gesamte Dienstzeit anhingen. Die erste Lage war noch nicht der Brüller – Socken und wärmende Unterwäsche. Aber dann! Ein selbstgebackenes Speckbrot, was ich zum Glück nicht gleich aufteilte! Es enthielt nämlich eine kleine Flasche Kräuterschnaps! Und das von meinen Eltern! Dann gab es Äpfel und Apfelsinen für alle, mal in Silberpapier eingewickelt, mal pur, die ich gleich in die Runde warf. Noch bevor ich alle verteilt habe, erklang ein Ruf: „Eh, das ist ja ne Kartoffel!“ Ja, meine Eltern hatten ein Scherzpaket gepackt. Das kommt davon, wenn man zu Hause erzählt, das Essen ist unzureichend! Und wenn man jammert, dass es kalt an Bord ist. Die untere Lage in dem Paket bestand nämlich aus, in Silberpapier eingewickelten „Rekord“-Briketts. Den Spott konnte ich gut vertragen! Das es uns trotz aller Kontrollen natürlich gelungen war, ausreichend „Suff“ an Bord zu schmuggeln, versteht sich von selbst. Unser Bergmann versorgte uns mit Deputat! Dazu die Club-Cola, dass reichte, um sich diese Tage schön zu trinken. Heute, nach 40 Jahren, sind diese Ereignisse natürlich verklärt. Das Schöne ist hängen geblieben, den Rest verdrängt Mann! Frohe Weihnacht allen da draußen und zu Hause Schiffsführer Ingo
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