Fünfzehn alte Männer trafen sich in kleiner Runde. Später kamen noch John und unser Jüngster dazu. Unser Pope sagte aus gesundheitlichen Gründen ab. Man glaubt es kaum, auch ein Abend ohne Konzept wird beim Klönsnack in Berlin zur Überraschung…
Bernd war zurück von seinem Segeltörn auf der Brigg „Roald Amundsen“. Stolz präsentierte er uns sein Sweet-Shirt und die Schiffermütze. In den schillerndsten Farben erzählte uns Bernd von der Einfachheit des Segelns. Seine Kammer, vielleicht 6 Quadratmeter groß, teilte er sich mit noch zwei Männern und einer Frau. Es gab 3 Toiletten an Bord und zwei Duschen. Bis zu 38 Abenteurer können mitgenommen werden – meistens alles ausgeflippte Typen, welche noch nicht zu sich gefunden haben oder Ältere, wie Bernd, die zurückfinden wollen. Es gibt kein Handy, kein Fernsehen oder Radio. Man macht alles, was an Bord anfällt: Klo reinigen, Wache schieben oder man wird zum Backschafter eingeteilt - natürlich alles, ohne es vorher irgendwie einmal geprobt zu haben. Zur Wache steht man an Deck im Freien an einem überdimensionalen Steuerrad, vor dir ein alter Magnetkompass ohne Beleuchtung. Nachts muss man um das Ruder herumlaufen, um etwas auf dem Kompass zu erkennen. Bernd berichtete uns, dass man heimlich kontrolliert wurde. In einem Mutti-Heftchen gab es Häkchen für geleistete Dienste an Bord. Wenn man später noch einmal mitfahren möchte, kann man sich so zum Bestman und weiter qualifizieren. Boris brachte ein dickeres Buch mit. Auf dem Schutzumschlag las ich den Titel „Wanderungen“ – darunter den Autoren Boris Franz Kudevita! Boris hatte für seine Kinder sein Leben aufgeschrieben. Das perfekt gestaltete Buch mit zahlreichem Bildmaterial versetzte uns alle ins Staunen. Spontan baten wir Boris, uns daraus etwas vorzulesen. Er entschied sich für das Kapitel über seine Fahrenszeit ab 1959 bei der DSR. Boris galt als gelernter Ingenieuroffizier beim „Grauen Blech“ seinerzeit zum absoluten Quereinsteiger bei der Deutschen Seereederei. Im Haus der Schifffahrt konnte man mit seinen vorgelegten Abschlüssen und Verwendungen an Bord von Kriegsschiffen nicht viel anfangen. Es wurden aber dringend Schiffsingenieure gebraucht. So heuerte man ihn nach vielen amtlichen Hürden letztendlich als IV. Ing. auf dem MS Leipzig an. Das lag damals im Hafen von Wismar. Den Überseehafen gab es noch nicht. Es folgte eine detaillierte Beschreibung, wie man auf Typ IV Wache schob. Es ist nach wie vor kaum vorstellbar, wie viele Seeleute in der Maschine zu einem einzigen Wachtörn benötigt wurden. Die Besatzungsstärke betrug auf diesen Schiffen grundsätzlich über Fünfzig. Das war auch die magische Zahl, bei der ein Schiffsarzt mitfahren musste. Boris kämpfte lange, um an Bord als vollwertiger Ing. anerkannt zu werden und um schließlich auch das Patent C5 zu erhalten. Schließlich durfte er die Maschinenanlagen für die Reise über die Ozeane selbständig „seeklar machen“. Und auch das versetzte mich in Erstaunen: Dafür benötigte man damals auf diesen Schiffen zwei volle Tage, um die Treibstoffbunker und Frischwassertanks vollzupumpen, die Haupt- und Hilfsmaschinen Probe laufen zu lassen und eine Vielzahl von Checks durchzuführen. Oder man übertrug ihm z. B. die Verantwortung, eine 300 t-Ladung tiefgefrorenes chinesisches Schweinefleisch durch die Tropen wohlbehalten bis Wismar zu bringen... Viele schwärmen heute noch von den schönen Typ IV- Schiffen. Doch für die Seeleute waren es wohl die Schiffe mit den schwersten Arbeiten, auf denen man je bei der DSR fahren konnte. Es ist immer wieder erstaunlich, wie sich aus einer Laune heraus ein Klönsnack entwickelt. Wir sehen uns am 17. Mai – dann zum Jubiläum 10 Jahre Klönsnack in Berlin. Ahoi Euer Redakteur Jochen
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